
Gablenberg 750 – die Ausstellung
Jubiläum! 2025 feiert Gablenberg seine Ersterwähnung im Jahr 1275. Mit vielen Bildern, lesefrohen Texten und Exponaten erzählte die MUSE-O-Ausstellung die Geschichte des Weingärtnerortes, der später zum Stuttgarter Stadtteil wurde. Sie lief vom 17. November bis 18. Mai 2025 und zog rund 1000 interessierte Menschen an.
Die Idee zur Ausstellung, der spannende Geschichtsteil und ausgewählte Biografien stammten von Kurator Ulrich Gohl. Die Architektin und Ausstellungsgestalterin Inken Gaukel hatte speziell für die Ausstellung Stellwände mit Vitrinen entworfen, die aufgeschlagene Bücher symbolisieren. Annik Aicher hatte die meisten Texte zum Themenbereich Menschen in Gablenberg recherchiert und geschrieben.
Die Vielfalt der Menschen in Gablenberg ist wirklich überraschend! So war etwa Charlotte Berkhemers Taufpatin im Jahr 1902 Königin Charlotte. Mit dem Geldgeschenk konnte sie sich eine Ausbildung als Lehrerin leisten. Nach der Heirat musste sie allerdings ihren Beruf aufgeben, weil zu dieser Zeit noch das „Lehrerinnenzölibat“ galt. Nach einer langen Archiv- und Internet-Recherche hatte Annik Aicher ihre Tochter gefunden, die ihr bis dahin unveröffentlichte Fotos zukommen ließ. Vom jüdischen Friseur Jakob Preuss, der 1933 aus Gablenberg fliehen musste, sind ebenfalls zum ersten Mal Fotos zu sehen. Annik Aicher hatte über ein Ahnenforschungsportal seinen Großneffen in Brasilien gefunden und von ihm Bilder bekommen.
Die Schwarze Gablenbergerin Henriette Alexander hat im 19. Jahrhundert die erste afrodeutsche Biografie geschrieben. Paula Straus war eine erfolgreiche Goldschmiedin und frühe Industriedesignerin. In Gablenberg fand sie eine letzte Zuflucht, bevor sie die Nazis ermordeten. Die Gablenbergerin Helene Beck-Kienzle konnte Erfolge feiern, als sie 1955 Weltmeisterin im Rollkunstlauf wurde. Und zum ersten Mal kam während der Ausstellungszeit die römische Skulptur der Wald- und Jagdgöttin Diana in ihre frühere Heimat zurück. Die Leihgabe des Landesmuseums Württemberg aus dem 2./3. Jh. n. Chr. wurde unweit von Gablenberg gefunden.
Maler. Widerständige. NS-Unterstützer. Scharfrichter. Mundartkünstler. Eine Chronistin. Eine Nudelfabrikantin. Eine fromme Weingärtnerin. Sie alle haben in Gablenberg gelebt!
Stuttgart Berg im Freien Radio für Stuttgart
Schön war unser Besuch im Freien Radio für Stuttgart am 3. März 2024 – vielen Dank an Sabine Gärttling für die Einladung! Die Büchersendung über Stuttgart-Berg mit der Autorin Annik Aicher und den Autoren Elmar Blessing, Ulrich Gohl und Markus Speidel lässt sich hier nachhören:
Ulrich Gohl (Hg.), „Stuttgart-Berg. Porträt eines bemerkenswerten Stadtteils“. Veröffentllicht 5. Oktober 2023, 254 Seiten, 29,00 Euro, ISBN: 9783925440496.
Menschen in Berg
Lebenslinien überschneiden sich, folgen Pfaden, Gassen, Treppchen, durchqueren Flüsse und Zeitschichten. Vielleicht kontrolliert der Wasserhauswärter David Gerstner genau die Berger Uferstelle, die Johann Wolfgang von Goethe 100 Jahre vorher von der Kutsche aus vorbeifliegen sah. Vielleicht verliert gerade ein Besucher im Park der Villa Berg einen Einkaufszettel, der plötzlich verschwindet, weil der Parkwächter Johann Jakob Schüle ihn vor 150 Jahren aufgehoben hat. Vielleicht haben die Badbesitzerin Johanna Leuze und die Sängerin Agnese Schebest aus derselben Mineralquelle getrunken und sich leicht und fröhlich gefühlt. Vielleicht hat die Oma von Margarethe Aicher vom Fenster aus die Herzogin Wera beobachtet, wie diese in der Mühlenstraße die Tür zum Gemeindezentrum öffnete.
Auf den Spuren meiner Vorfahren, die als Parkwächter, Hausbesitzerin, Ingenieur oder Chronistin in Berg unterwegs waren, bin ich weiteren Menschen aus vergangenen Zeiten begegnet. Berühmten und weniger bekannten. Die einen haben sich im Bad erholt, die anderen hat die Idylle zu Gedichten inspiriert. Die einen haben Gäste empfangen, die anderen neueste Technik entwickelt. Die einen waren wohltätig, die anderen auf ihren Profit bedacht. Die einen haben eine neue Heimat gefunden, die anderen ihr Zuhause verloren. Von der Sintifamilie, die in den 1920er Jahren in der Mühlenstraße in einem Wagen lebte und den Kiosk am Schwanenplatz betrieben hat, fehlt jede Spur. Mein Vater ist der Einzige, der sich an sie erinnert. Die Menschen, die ich auf meinem Weg durch die vergangenen 200 Jahre getroffen habe, sind sehr unterschiedlich. Eines aber ist ihnen gemeinsam: Sie haben Lebenslinien in Berg hinterlassen.
Geschichten über „Menschen in Berg“. In: Ulrich Gohl (Hg.), „Stuttgart-Berg. Porträt eines bemerkenswerten Stadtteils“. Veröffentllicht 5. Oktober 2023, 254 Seiten, 29,00 Euro, ISBN: 9783925440496.
© Foto: Sammlung Schüle
Buchbesprechung im Amtsblatt vom 14. März 2024.
Lesen wir noch?
Wir scrollen, wischen, klicken. Checken Sprachnachrichten auf dem Smartphone. Zappen uns durch Serien und haben Podcasts auf den Ohren. Liest denn überhaupt noch jemand ein Buch? Und wenn ja, wer? Artikel für Felize.
Vernissagenrede
Für die Stuttgarter Künstlerin Helga Wimmer hat Annik Aicher am 15. Dezember 2023 die Vernissagenrede in der Galerie Interart gehalten. Hier geht es zum 281123_Vernissagenrede Helga Wimmer„>PDF der Rede.
Weinberge im Stuttgarter Westen
Wein soweit das Auge reicht. Noch vor 200 Jahren waren die Hügel des Stuttgarter Westens fast vollständig mit Reben bedeckt. Statt Straßen und Gebäuden breiteten sich Streuobstwiesen und Gärten aus. Doch dann wurde der Westen, der lange Zeit außerhalb der Stadttore lag, zum Baugebiet. Artikel im Blättle West vom Oktober 2022, S. 12–14.
Erich und Erwin Nill um 1900 am Rosenbergplatz, im Hintergrund der Weinberg Pleckethalden. © R. Nill.
Textilfabrik Mendel & Levy
Die bewegte Geschichte einer Herrentextilfabrik im Stuttgarter Westen. Zu lesen in der Stuttgarter Zeitung oder im PDF Mendel & Levy.
Galerie Oberwelt. Literaturwissenschaftliche Reihe „Reflexe“, 2015, 2016, 2017, 2018
Reflexe reloaded. Wir denken Weltliteratur neu. Assoziativ, experimentell, prall. Wir klopfen Akademikerstaub ab und stürzen uns Hals über Kopf in die Buchseiten. Papier rauscht, die Worte tanzen, die Macht der Sprache verrückt uns den Kopf.
Galerie Oberwelt, Stuttgart: Literaturwissenschaftlicher Vorträge von Annik Aicher in der Neuauflage der Reihe “Reflexe” zu Jeremias Gotthelf, Die Schwarze Spinne (1842), Irmgard Keun, Das Kunstseidene Mädchen (1932), Herta Müller, Reisende auf einem Bein (1989), Helene Böhlau, Glory, Glory Halleluja (1890). Performance: Susa Ramsthaler. www.oberwelt.de, Menüpunkt Archive/Chronology
© Fotos: Ellen Rein, Peter Haury
Literaturautomat 2016
Was macht ein Oktopus im Swinger-Club? Diese Frage beantwortet eine Kurzgeschichte von Annik Aicher, die Oktober/November 2016 in den Literaturautomaten in Dresden, Leipzig, Düsseldorf, Wuppertal, Bochum und in Stuttgart im Merlin, Augustenstraße 72, steckte. www.literaturautomat.eu
Extrablatt, Stuttgarter Zeitung, 21. Februar 2013
Über den Twitterkontakt ihres Netzwerks zur Schriftstellerin Sybille Berg war Annik Aicher 2013 Teil des “Extrablatts” der Stuttgarter Zeitung mit Lesung im Literaturhaus Stuttgart.
Katalogtext zu Monika Schneiders Ausstellung “Notstop Looking” im Saarländischen Künstlerhaus Saarbrücken, 2013
Vernissagenrede zur Ausstellung Julia Wenz & Le Jeune –
Per Diems
Stadtbibliothek, 14. März 2013, Graphothek
© Foto: Michael Wackwitz
Auswahl Kunst- und Theaterkritiken Zeitung Kultur, 2007 bis 2012
Unter den Kochtopf, Zeitung Kultur Nr. 216 Januar 2012
Theaterarbeit: Der Requisiteur sorgt für Überraschungen. Er ist überall – doch keiner sieht ihn. Er lässt es mitten im Staastheater Stuttgart schneien. Oder er mixt Whisky an, von dem niemand betrunken wird.
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Kulturnomaden, Zeitung Kultur Nr. 208, Mai 2011
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Dantons Tod, Zeitung Kultur Nr. 207, April 2011
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Herta Müller, Zeitung Kultur Nr. 205, Februar 2011
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Zoe Leonard, Zeitung Kultur Nr. 189, Juni 2009
Artikel Zoe Leonard als PDF lesen
Dieter Krieg, Zeitung Kultur Nr. 179, Juni 2008
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Kurt Tucholsky, Zeitung Kultur Nr. 179, Juni 2008
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Buchbesprechung in der Philosophiezeitschrift „der blaue reiter“, September 2010
Monika von Boch
Aus ihrer Magisterarbeit über die Fotogafin Monika von Boch machte Annik Aicher 2010 einen mehrseitigen Katalogbeitrag für das Saarland Museum Saarbrücken. Erschienen in: Ingrid Jakobs, Roland Augustin (Hg.), Monika von Boch, Merzig 2005, Seite 67-87.